01.02.2022
Curling

Das Teamgefüge im Mittelpunkt

Kaum eine Wintersportart erfreut sich im Laufe der vergangenen Jahre an einem solchen Wachstum wie Curling. Eintrachtler Jens Herber erzählt von Erlebnissen, den Grund des Besens und vielem mehr.

Jens Herber über…

… die Regeln beim Curling:
Curling wird nach „Ends“ gespielt. Im Breitensport findet man häufig die Variante mit sechs „Ends“, im Profisport bewegt man sich bei zehn „Ends“. Jedes Team hat acht Steine und bei einem herkömmlichen Curling-Spiel (vier Spieler pro Team) können maximal acht Punkte erreicht werden. Im Curling geht es darum, so viele Steine wie möglich zum Spielfeldmittelpunkt, dem Haus, zu bringen und alle Steine, die sich am Mittelpunkt befinden, werden gerechnet, wenn sie nicht durch einen gegnerischen Stein unterbrochen werden. An erster Stelle wird ein Spiel dadurch entschieden, wer mehr Punkte hat. Wenn Punktgleichheit herrscht, wird geschaut, wer mehr „Ends“ gewonnen hat und wenn auch hier Gleichheit herrscht, entscheiden die Steine.

… die Konstellation in einem Team aus vier Personen:
Es gibt einen Teamkapitän, der im Curling „Skip“ genannt wird. Der „Skip“ steht oben am Haus und hat bei den ersten sechs Steinen eigentlich nichts anderes zu tun, als dort zu stehen und anzuzeigen, wohin gespielt werden soll. Damit entscheidet er die taktische Ausrichtung und gibt den anderen drei Spielern dann Anweisungen. Als Erstes kommt dann der „Lead“. Ein „Lead“, sollte dem gegnerischen Team Stärke demonstrieren, dem „Skip“ die Grundsteine dort hinlegen, wo sie hinsollen und gleichzeitig dem Gegner so präsentieren, dass es schwer ist, erstmal an diesem Stein vorbeizukommen. Der Zweite wird „Second“ genannt und muss schnelle Steine legen können, um so bis zu drei gegnerische Steine aus dem Spiel zu nehmen. Die Nummer drei („Third“) wird mit einer Person besetzt, die pfiffige Ideen haben muss, um dem Spiel eine komplett andere Richtung geben zu können. Der „Skip“ muss dann eigentlich nur noch den Legestein in die Mitte vom Haus legen. Eigentlich müssen also die drei Teamkollegen zuvor die Arbeit machen, sodass der „Skip“ kaum noch etwas zu tun hat.

Curling ist auf jeden Fall ein Leistungssport, wenn man bedenkt, dass ein Spiel etwa zwei Stunden lang ist, mit dem Besen das Eis behandelt und mit vollem Körpereinsatz hoch und runter gewischt wird.

Jens Herber

… das, worauf es beim Curling ankommt:
Curling gehört wie Golf oder Bogenschießen zu den Präzisionssportarten. Neben Präzision und Konzentration wird auch Ausdauer benötigt, auch wenn das meistens belächelt wird. Die erste Frage, die häufig gestellt wird, ist: „Schwitzt man beim Curling?“ Curling ist auf jeden Fall ein Leistungssport, wenn man bedenkt, dass ein Spiel etwa zwei Stunden lang ist, mit dem Besen das Eis behandelt und mit vollem Körpereinsatz hoch und runter gewischt wird. Das Wichtigste ist aber die Präzision.

... den Reiz am Curling:
Das Schöne am Curlingsport ist das Teamgefüge. In der Regel sind besteht ein Team aus Freunden, die sich untereinander kennen und verstehen. Curling findet also an zwei Stellen statt: „on ice“ und „off ice“. Ich bin selbst wegen dem, was „off ice“ passiert, zum Curling gekommen. Beim Curling verhält man sich generell sehr wohlgesonnen miteinander und lernt so auch viele Leute international kennen. Verständigt wird sich manchmal mit Händen und Füßen, aber es macht Spaß.

… die Ausrüstung als Spieler:
Zur Standard-Ausrüstung bei einem Curling-Spieler bzw. einer -Spielerin gehören die Steine, Schuhe und der Besen. Die Steine werden vom Verein gestellt, Schuhe und Besen sind selbst mitzubringen. Die Schuhe sind nochmal extra mit einer Thermobeschichtung verkleidet, weil eine Partie rund zwei Stunden dauert, die auf dem Eis verbracht werden. Wenn man beispielsweise rechtshändig ist, ist die linke Schuhsohle glatt. Die Sohle besteht dann in den meisten Fällen aus Teflon und die andere Schuhsohle sieht vom Profil her aus wie ein Hallenschuh. Das Hallenschuhprofil stoppt und die glatte Sohle wird für das „Sliden“ bei der Abgabe oder für das Wischen, wenn der Stein begleitet wird, benötigt. Mit dem Besen kann die Reibung vom Curlingstein zum Curlingeis reduziert werden, sodass der Stein weiter in Bewegung ist.

… die Möglichkeit, Curling auf anderem Untergrund zu spielen:
Von der World Curling Federation gibt es entsprechende Programme und Equipment, dass auf Teppichen, die eine eisähnliche Oberfläche simulieren, gespielt werden kann. Dazu gibt es dann auch Steine, die unten mit Rollen ausgestattet sind. Das ist aber alles noch in der Beta-Version.

Jens Herber hat mit dem Adler auf der Brust schon einiges erlebt - unteranderem auch internationale Wettkämpfe.

... den Einfluss der Pandemie auf den Sport:
Die Pandemie hat Curling und das Gemeinschaftsgefühl arg beeinflusst. Beim Curling gibt es zu Beispiel einen „Code of Ethics“, der global gilt und besagt, dass das Siegerteam das Verliererteam immer auf einen Drink einladen muss. Diese Regel ist genauso wichtig wie beispielsweise das Shakehands zu Beginn des Spiels. Das, was „off ice“ passiert, wird generell von jedem Curler intensiv gepflegt und vieles ist durch die Pandemie kaputt gegangen. Hallen hatten geschlossen, der Trainings- und Spielbetrieb setzte aus, das Shakehands wurde ersetzt und auch das anschließende Zusammensein fiel häufig aus.

… Curling in der öffentlichen Wahrnehmung:
In ganz Deutschland gibt es keine 20 Curling-Vereine und keine 1000 Mitglieder. Wenn Curling im Fernsehen geschaut wird, wird leider häufig nur das „on ice“ wahrgenommen. Das reine „Competition-Curling“ zeigt nicht die Welt beim Breitensport, den wir betreiben. Die Norweger haben das bei den Olympischen Spielen ein bisschen aufgeheitert, indem sie mit total bunten Zirkus-Hosen gespielt haben. Das war mal ein kleiner Zünder für Leute, die Curling so grau beobachten, denn auch bei uns gab es danach viele Anfragen von Interessenten, die das gesehen haben. Vielleicht tun noch mehr schräge Vögel dem Leistungssportbereich gut, um zu zeigen, dass wir einen lustigen Sport betreiben, der nicht so ernst ist wie es im Fernsehen scheint. Nach den Olympischen Spielen in Peking wird es bei uns auch sicherlich wieder losgehen.

… seine Anfänge bei Eintracht Frankfurt:
Ich habe Curling 2009 im Fernsehen gesehen und mich gefragt, was die da überhaupt machen. Danach habe ich gegoogelt und gesehen, dass Eintracht Frankfurt seit 2006 Curling anbietet und habe das dann ausprobiert. Ich war gerade zwei Mal beim Schnuppertraining und dann kam schon ein Frankfurter auf mich zu und hat gefragt, ob ich am Wochenende mit zu einem Curlingturnier nach Luxemburg kommen möchte. So schnell ging das dann.

… die Verbundenheit zur Eintracht:
Ich bin in Frankfurt geboren und bin schon als kleiner Bub in den G-Block zu Fußballspielen der Eintracht gegangen. Umso mehr habe ich mich dann selbstverständlich gefreut, als ich 2009 gesehen habe, dass Eintracht Frankfurt Curling anbietet. Die Eintracht ist ein Top-Verein und es macht einfach Spaß, herumzureisen und diese Farben und den Adler zu repräsentieren.

… die Werte, für die Eintracht Frankfurt steht:
Mir fällt das als Erstes Freundschaft ein. Seitdem ich denken kann, verbinde ich die Eintracht damit, etwas mit Freunden zu unternehmen und so ist es jetzt ja auch beim Curling. Ich bin auch sehr stolz darauf, dass wir bei Eintracht Frankfurt sehr inklusiv sind. So richten wir auch unsere Curling-Philosophie aus. Wir haben Rollstuhl-, Gehörlosen- oder Fußgänger-Curler und Sportler aus verschiedensten Herkunftsländern mit verschiedensten Religionen und Geschlechtern. In Deutschland hatten wir das erste Curling-Turnier, das inklusiv ausgetragen wurde. Diese Vielfalt repräsentieren wir stolz.

Ich bin auch sehr stolz darauf, dass wir bei Eintracht Frankfurt sehr inklusiv sind. So richten wir auch unsere Curling-Philosophie aus.

Jens Herber

… das Programm über den Winter:
Die Curling-Saison beginnt im Oktober und endet im Mai. Ab Oktober fangen wir mit dem Training an und im November richten wir immer unser eigenes Turnier aus, den Bembel-Cup. Ansonsten ist es so, dass jede Saison immer wieder neu gewürfelt ist und man in dieser Zeit viele E-Mails mit Turniereinladungen von all den Leuten bekommt, die man international mal kennengelernt hat. Im November ist auch meistens die Europameisterschaft im Curling, durch die viele Schnupperer dazukommen, mit denen wir dann auch versuchen, auf Reisen zu gehen und Turniere zu spielen.

… besondere Erlebnisse:
Wir haben mal an einem „Whiskey & Curling Tournament“ in Schottland teilgenommen. Da sind wir morgens in die Destillerie gefahren, haben ein Whiskey-Tasting gemacht und danach in die Eishalle, um Curling zu spielen. Wir haben auch vor einigen Wochen mit Freunden aus Colorado, die wir bei einem Turnier in Nordisland kennengelernt haben, an einem Curling-Turnier in St. Moritz teilgenommen. Wir hatten bei dem Turnier in Nordisland gegen ein amerikanisches Team gespielt und danach mit ihnen zusammengesessen. Dabei hatten wir so einen Spaß, dass wir uns warm geworden sind und mit ihnen regelmäßig spielen.

… Möglichkeiten für interessierte Schnupperer:
Was wir bei der Eintracht wollen, ist vor allem mehr Jugend. Junge Leute, die genauso viel Spaß an dem Sport haben wie ich damals hatte und immer noch habe. Interessierte brauchen kein Curling-Equipment, wir haben alles massig vorhanden. Wir haben viele „Slider“, die man unter normalen Schuhen befestigen kann, sodass keine Curling-Schuhe nötig sind, und viele Besen. Wir bitten nur darum, sich für das Schnuppertraining online anzumelden, damit wir noch einen Infozettel verschicken können, in dem alle wichtigen Infos zusammengefasst sind.