26.01.2023
Bobsport

Zwischen Winterberg und St. Moritz

Maureen Zimmer ist doppelte Junioren-Weltmeisterin im Bobsport. Beim Trainingsbesuch spricht sie über ihre Erfolge, Ziele und die Frage aller Fragen: Handkäs oder Grüne Soße?

An der Mehrkampfanlage an der Hahnstraße ist das Wetter genauso wie im Rest der Stadt: bescheiden. Ist man allerdings erst einmal über die Tartanbahn gelaufen und im Kraftraum angekommen, begrüßen einen angenehme Temperaturen und laute Bässe – hier herrscht das richtige Klima zum Trainieren. An diesem Mittwoch sind Vanessa Marck, Trainer Tim Restle und natürlich Maureen Zimmer vor Ort. „Ich hatte noch nie so Muskelkater“ ächzt die 27-jährige Hessin. Vor kurzem hat sie die zweite Goldmedaille bei den Junioren-Weltmeisterschaften im Bob klargemacht. Einmal im Mono- und einmal im Zweierbob durfte sich Maureen Zimmer ganz oben aufs Siegertreppchen stellen.

Vor dem Interview müssen erstmal noch die letzten Sätze durchgezogen werden. Zimmer hat keine Zeit, um sich auszuruhen, nach ihren Titelgewinnen gab es eine kurze Feier, dann wurde der Fokus direkt auf die Vorbereitung für die WM in St. Moritz gelegt. Mit ihren beiden Siegen hat sich Maureen Zimmer in beiden Disziplinen für die Weltmeisterschaft der „Großen“ in der Schweiz qualifiziert. Nach ein paar letzten Übungen kommt die Bobpilotin herübergeschlendert, man könnte meinen man kann ihr das Selbstbewusstsein dieser Tage vom Gesicht ablesen.

Maureen, erstmal herzlichen Glückwunsch! Wie fühlt man sich als frischgebackene Junioren-Weltmeisterin?
Gut. (lacht) Nein, jetzt mit zwei Titeln in der Tasche und der Gewissheit zwei Mal in St. Moritz starten zu dürfen, lebt’s sich schon ganz gut muss ich sagen. (lacht)

Erzähl doch mal aus deiner Perspektive wie die Woche in Winterberg ablief.
Wir hatten vor den Wettkämpfen zwei Trainingstage, wobei das Wetter in Winterberg leider nicht so dolle war. Das Wetter hat das Kufentesten nicht gerade besser gemacht. Wir hatten die ganze Zeit Regen, dadurch wird die Bahn immer langsamer und so mussten wir spekulieren. Man hat dann die ganze Zeit immer nur auf den Wetterbericht geguckt und gehofft, dass es am Wochenende besser wird. Das war ein bisschen schwierig, weil wir uns wirklich erst am Wettkampfmorgen für die finalen Kufen entscheiden konnten. Durch das schlechte Wetter und das eingeschränkte Training, konnte man auch nur schlecht einschätzen, wo man im Vergleich zu den anderen steht. Ich wusste zwar, was ich kann und dass ich mir die Bahn ganz gut erarbeitet hatte, aber es war eine gewisse Unsicherheit da.

Und dann kamen die Rennen. Konntest du da die Unsicherheit abschütteln?
Ja auf jeden Fall! Am Samstag waren die Mono-Rennen und nach dem ersten Lauf kam dann schon die erste Erleichterung als ich mit sieben Zehnteln geführt habe. Da konnte ich das erste Mal durchatmen. Der zweite Lauf war nicht ganz optimal, aber am Ende gehört, das dazu und schlussendlich hat es ja gereicht. Ich konnte meinen Vorsprung dann auf 1,1 Sekunden ausbauen.

1,1 Sekunden klingt aber nicht so als ob es gereicht hätte, sondern nach einem richtig starken Ergebnis! Wie liefen die Zweierbob-Rennen?
Die Rennen im Zweierbob und da wussten wir schon von vornherein, dass unseren Kufen das Wetter etwas besser entgegenkommt als am Samstag. Dann hat es anfangs noch etwas geschneit, aber da dachte ich mir: „Gut, bisher habe ich jedes Schneerennen gewonnen“, von daher fand ich das nicht so schlimm. Nach dem ersten Durchgang waren wir knapp fünf Zehntel vorne und da war ich dann richtig erleichtert. Als wir dann nach dem zweiten Durchgang die Eins auf der Anzeige gesehen haben und wir wussten, dass wir nach St. Moritz fahren, war da nur noch pure Freude.

Es ist einfach eine Riesenbelohnung für die Arbeit, die wir die letzten Jahre gemacht haben.

Maureen Zimmer

Mit deinen beiden Titeln bei der Junioren-Weltmeisterschaft hast du dich für St. Moritz qualifiziert. Wie blickst du denn auf die WM der „Großen“?
Einfach nur voller Vorfreude! Ich freue mich einfach riesig. Da wird nochmal eine ganz andere Stimmung sein, mit viel mehr Zuschauern an der Bahn. St. Moritz selbst, also das Drumherum ist wunderschön und die Bahn ist einfach ein Träumchen. Normalerweise ist es im Bob sehr laut, aber in der Bahn in St. Moritz fährt man sehr ruhig und fast wie auf Schienen , das ist wirklich einzigartig und gibt es so auf keiner anderen Bahn der Welt.

Hast du dir schon ein Ziel für St. Moritz gesetzt?
Nein. Ich glaube es ist alles möglich, es kann wirklich in jede Richtung gehen. Ich denke mein großer Vorteil ist, dass ich ohne großen Druck an die Sache herangehen kann. Es ist einfach eine Riesenbelohnung für die Arbeit, die wir die letzten Jahre gemacht haben.

Du fährst Zweier- und Monobob, wie würdest du da die größten Unterschiede für dich beschreiben?
Klar, der größte Unterschied ist bei dem einen ist man alleine bei dem anderen zu zweit. Man muss dazu aber auch sagen, dass man trotzdem alles, was drumherum passiert im Team macht. Also die Anschiberinnen helfen beim Schleifen und Montieren der Kufen, beim Schlittenverladen, also am Ende ist der Monobob trotzdem Teamarbeit. Ansonsten würde ich sagen, ist der größte Unterschied das Lenkverhalten. Der Mono ist einfach viel empfindlicher. In Kurven ist das ganz gut, da kann man besser nachkorrigieren, aber geradeaus Fahren ist viel schwieriger, weil es nicht so leicht ist, den Monobob ruhig zu bekommen. Im Zweier ist man natürlich etwas schneller wegen dem Gewicht. Dadurch kann man auch viel höher in die Kurven kommen als im Monobob. Das sind die größten Unterschiede würde ich sagen.

Kommen wir mal etwas weg von St. Moritz. Es gibt im Bobsport keine klassische Ausbildung wie in anderen Sportarten. Du kommst beispielsweise, wie viele andere auch, eigentlich aus der Leichtathletik. Wie kam der Sportarten-Wechsel in deinem Fall zustande?
Bei mir lief das über Georg Schmidt, der war damals Landestrainer Sprint. Der hat mich irgendwann gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte Bob zu fahren. Zu diesem Zeitpunkt hat sich gleichzeitig der Stützpunkt in Wiesbaden aufgebaut. Ich bin dann einfach mal in Winterberg mitgefahren und es hat mir ehrlich gesagt überhaupt keinen Spaß gemacht (lacht). Ich fand es sogar richtig furchtbar. Ich bin dann trotzdem noch zwei Mal runtergefahren und es wurde nicht besser. Dann haben wir noch angeschoben und das hat mir dann so Spaß gemacht, dass ich gesagt habe: „Ich probier’s!“ Und ein Jahr später habe ich dann richtig mit Bobfahren angefangen.

Du warst erst Anschieberin, jetzt bist du als Pilotin unterwegs. Wie hast du dich für den Positionswechsel entschieden?
Nach vier Jahren als Anschieberin habe ich einfach aus dem Bauch heraus gesagt: „Ich mach jetzt Pilotin!“ Das weiß ich noch genau, ich saß auf meinem Bett und hatte einfach diesen Gedanken und wollte das dann umsetzen. Meine Entscheidung habe ich dann Tim (Restle anm. d. Redaktion) mitgeteilt, der hat nur gesagt: „Bist du verrückt? Auf gar keinen Fall!“ (lacht) Aber ich bin dann stur geblieben und habe meine ersten Testfahrten als Pilotin gemacht, meine Saison noch als Anschieberin beendet und meine nächste Saison dann als Pilotin gemacht.

Ganz anderes Thema – Bobsport ist hohes Tempo, enge Kurven, Adrenalin pur. Was macht man da, um sich zu entspannen und die Ruhe zu bewahren?
Am Anfang war ich einfach immer und echt oft aufgeregt. Eigentlich vor jeder Fahrt. Ich habe das bis heute, dass ich aufgeregt bin, bevor ich eine neue Bahn fahre. Aber mit jeder Fahrt wird man entspannter. Wenn ich bei Trainings oder Wettkämpfen mal eine längere Pause habe, dann lege ich mich auch gerne mal in die Umkleide und mache ein kleines Schläfchen. Manchmal höre ich ein bisschen Musik dabei oder Schlafe wirklich richtig fest. Die Bahntrainings können aber auch echt lange dauern, da muss man sich manchmal die Zeit irgendwie vertreiben, da ist so ein Schläfchen natürlich optimal.

Vor fast einem Jahr seid ihr mit der Bobmannschaft aus Wiesbaden hierher nach Frankfurt gewechselt. Was hat dir dieser Wechsel bedeutet?
Dadurch, dass ich in Frankfurt geboren und aufgewachsen bin, habe ich natürlich eine Verbindung zur Eintracht. Ich war ja früher auch schon in der Leichtathletik bei der Eintracht. Die Eintracht gehört einfach zu Frankfurt dazu, von daher war das schon schön für mich mit dem Bobsport in die Heimat zurückzukehren.

Das neue Jahr ist immer noch sehr jung. Hast du dir Ziele für dieses Jahr gesetzt?
Oh, darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Das erste große Ziel war natürlich die JWM in Winterberg. Klar jetzt kommt St. Moritz, aber weiter habe ich eigentlich noch gar nicht gedacht. Worüber ich mir aber schon Gedanken gemacht habe ist ein Urlaub nach der Saison. (lacht) Aber ansonsten lass ich erstmal alles auf mich zukommen.

Dann lass uns doch noch etwas weiter in die Zukunft blicken. 2026 sind die nächsten olympischen Winterspiele, hast du die selbst auch schon im Blick?
Definitiv! Eigentlich richtet sich alles auf 2026 aus. Natürlich sind der aktuelle Erfolg in Winterberg und die anstehende Weltmeisterschaft total schön, aber langfristig richtet sich alles auf 2026 aus. Das ist das große Ziel, bis dahin werde ich mein Bestes geben (klopft auf Holz).

Du bist Sportsoldatin. Hast du bei der Bundeswehr etwas gelernt, was du mit in den Eiskanal nehmen konntest?
Also grundsätzlich haben wir in meiner Kaserne in Oberhof einen tollen Zusammenhalt. Bei Wettkämpfen trifft man sich dann ja auch immer wieder, da hat sich eine richtige Gemeinschaft gebildet. Ansonsten lernt man natürlich auch, dass man sich mal Durchbeißen muss, wenn es Mal nicht optimal läuft und sich nicht von allem aus der Ruhe bringen zu lassen.

Fünf schnelle Fragen

  • Mono- oder Zweierbob?
    Beides!
    Beides?
    Ja, es hat beides sein für und wider.
     
  • Na gut, das lassen wir jetzt ausnahmsweise mal durchgehen. Hast du eine Lieblingsstrecke?
    Ne. Ich finde jede Bahn hat ihre Eigenheiten, Besonderheiten und Schwierigkeiten und das macht Bobfahren so spannend. Von daher, ich habe keine besondere Lieblingsstrecke.
     
  • Handkäs oder grüne Soße?
    Oh, schwierig! Früher habe ich grüne Soße gar nicht gemacht, aber mittlerweile mag ich die sehr gerne. Je nach Laune würde ich sagen.
     
  • Wir lassen dir aber nicht noch einmal beides durchgehen. Also Handkäs oder grüne Soße?
    Wenn es eine richtig gute grüne Soße ist, dann würde ich sagen, grüne Soße.
     
  • Hast du einen Lieblingsort in Frankfurt?
    Ich liebe den Blick vom Feldberg auf die Skyline. Das ist natürlich nicht direkt in Frankfurt, aber das ist einfach mein Lieblingsort. Allgemein muss ich sagen, wenn ich nach Hause komme und das erste Mal die Skyline sehe, dann fühlt sich das für mich immer nach Heimat an.
     
  • Und zum Abschluss: Bronze bei den olympischen Spielen oder Gold bei den Weltmeisterschaften?
    Boah, oh man, das ist fies! Das ist richtig gemein! Ich sage wieder Beides! Da lege ich mich nicht fest, ich nehme Beides!
  • Na gut, dann lassen wir dir ein letztes Mal Beides durchgehen, aber nur wenn das auch eine Ansage ist und du auch beide Medaillen holst!
    Deal!